Was ist Power to Gas und wozu dient es?

Power to Gas (PtG) wird, zusammen mit anderen Energiespeicherkonzepten, dazu beitragen, dass die Energiewende gelingt. Die neuen, stark schwankenden Stromproduktionsarten können dank PtG weiterhin die - ganz anders schwankende - Nachfrage befriedigen. Damit sind auch die noch immer verwendeten Argumente "wir brauchen Gas oder Kohle für die Deckung der Verbrauchsspitzen" oder "nur Atomkraftwerke können den benötigten Bandstrom bieten" definitiv vom Tisch. Wie das gehen soll? Nehmt euch Zeit und lest unseren akutellsten Artikel.

Power to Gas

Der Kern des Power to Gas-Konzeptes ist die Verwendung von erneuerbarem Strom, um mittels Elektrolyse aus Wasser Wasserstoff herzustellen. Dieser Wasserstoff kann dann direkt als Energieträger verwendet werden (beispielsweise für Wasserstoffautos) oder kann in synthetisches Methan, Treibstoffe, Strom oder Chemikalien umgewandelt werden.

Power to X

Dem PtG übergeordnet ist PtX, die Verwandlung von Strom in alle Arten von anderen Energieträgern. Dessen Hauptanwendung ist zurzeit noch die Erzeugung und Einspeisung von Wasserstoff oder Methan in die bestehenden Erdgasleitungen. Damit kann Strom aus erneuerbaren Quellen gespeichert, transportiert und bedarfsgerecht wieder angeboten werden. Auch die Erzeugung von Treibstoffen mittels PtX wird bereits vielerorts angewendet. In Zukunft werden vermehrt auch Raffinerien PtX verwenden, um den CO2-Fussabdruck ihrer Erzeugnisse zu senken.

Es ist entscheidend, dass die Machbarkeit und Wirksamkeit dieser Energietransformation belegt und den Menschen vor Augen geführt wird. Mitte 2018 bestanden in Europa bereits 128 PtG Forschungs- und Versuchsprojekte.

In Anlehnung an: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1876610218309883

Nachteile von PtG

Grundsätzlich ist die technische Machbarkeit von PtG gegeben, jedoch sind die spezifischen Kosten vergleichsweise hoch. Die hohen Kosten ergeben sich auch durch die geringen Wirkungsgrade von rund 55% (700 bar Tankstellen-Wasserstoff) bzw. 45-50% (200 bar Methan oder flüssige Kohlenwasserstoffe) aufgrund der notwendigen Umwandlungsschritte. PtG ist deshalb ausschliesslich nur in Verbindung mit Stromüberschüssen aus erneuerbaren Quellen sinnvoll.

Wird fossile Elektrizität verwendet, ist die CO2-Bilanz in jedem Fall negativ.

Auszug aus https://zenodo.org/record/2649817

PtG in der Schweiz

Konkretes Beispiel

Swisspower, die Allianz der Schweizer Stadtwerke, geht mit der Technologielieferantin Siemens eine Zusammenarbeit für die Entwicklung von Power-to-X-Anlagen in der Schweiz. ein Ziel ist es, in den kommenden Jahren an mehreren Standorten eine Produktionskapazität von mindestens 20 Megawatt (MW) zu initiieren.

«Power-to-X ist ein wichtiger Baustein eines erneuerbaren Energiesystems ohne CO2-Emissionen», sagt Swisspower. Um den Bau von Power-to-X-Anlagen in der Schweiz voranzutreiben, ging diese Firma eine Zusammenarbeit mit Siemens ein, einer führenden Lieferantin von Elektrolyseuren.

Geeignete Standorte bei Abwasserreinigungsanlagen, Wasserkraftwerken und Biogasanlagen

Als mögliche Standorte für Power-to-X-Anlagen wurden rund 100 grössere Abwasserreinigungsanlagen (ARA) mit Anschluss ans Gasnetz identifiziert. Bei der ARA Dietikon wird die Swisspower-Aktionärin Limeco in Kooperation mit verschiedenen Energieversorgern die erste industrielle Power-to-Gas-Anlage der Schweiz bauen und betreiben. «Unser Ziel ist es, in den kommenden Jahren mehrere weitere solcher Anlagen mit einer Gesamtkapazität von mindestens 20 MW zu initiieren», sagt Swisspower. Neben ARA‘s kommen auch Wasserkraftwerke oder Biogasanlagen als Standorte für Power-to-X-Anlagen in Frage. Es sollen weitere geeignete Standorte identifiziert und gemeinsam mit interessierten Trägerschaften entsprechende Projekte entwickelt werden.

Falls die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Power-to-X-Anlagen verbessert werden, unter anderem durch den Erlass der Netzentgelte für den Strombezug, geht Swisspower davon aus, dass sich in der Schweiz ein deutlich höheres Volumen von rund 50 MW realisieren lässt.

Steigender Bedarf an Power-to-X

Power-to-X bezeichnet verschiedene Technologien, mit denen überschüssige elektrische Energie zu chemischen Energieträgern wie beispielsweise Wasserstoff oder Methan umgewandelt und so für längere Zeit speicherbar wird. Mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und dem Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Photovoltaik, wird in der Schweiz der Bedarf an Power-to-X-Lösungen als Speichermöglichkeit für erneuerbaren Strom stark steigen. Power-to-X leistet einen entscheidenden Beitrag zur Konvergenz der Energienetze Strom, Gas und Wärme und zur Dekarbonisierung des Energiesystems.

Swisspower.ch

Quelle: https://swisspower.ch/medien/medienmitteilungen/swisspower-treibt-gemeinsam-mit-siemens-den-bau-von-power-to-x-anlagen-in-der-schweiz-voran

Potenzial in der Schweiz

Die bereits eingangs zitierte Arbeit https://zenodo.org/record/2649817 der EMPA im Auftrag des BAFU hat für die Schweiz eine Potenzialstudie erstellt.

Deutschland: Über 50 Power-to-Gas-Anlagen gebaut oder geplant

Eine Auswertung der Power-to-Gas-Datenbank der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik (LBST) zeigt, dass die PtG-Technologie zunehmend ausgereift ist und immer mehr kommerzielle Anwendungen findet. Deutschlandweit sind über 50 PtG-Anlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung von über 55 MW in Betrieb oder in Planung. Weitere größere Projekte im dreistelligen MW-Bereich wurden bereits angekündigt.

Die LBST verfolgt seit 2011 die Entwicklung entsprechender Projekte und unterhält eine Datenbank, in der mittlerweile über 180 weltweite Aktivitäten erfasst sind. Waren anfangs nur kleinere Anlagen mit Elektrolyseleistungen im Kilowatt (kW)-Bereich für Forschungszwecke in Betrieb, so werden heute Projekte mit elektrischen Leistungen mehrerer Megawatt (MW) realisiert. Noch größere Anlagen befinden sich in der Planung. In Deutschland laufen derzeit über 50 Projekte, in denen PtX-Technologien erforscht, weiterentwickelt und im Regelbetrieb eingesetzt werden. 35 Anlagen mit über 50 kW installierter Elektrolyseleistung, die sich entweder in Betrieb oder in Planung befinden, wurden von der LBST analysiert.

Die Anzahl der PtX-Projekte ist stark angestiegen. Bis 2022 sollen allein in Deutschland 35 Anlagen in Betrieb sein. Die gesamte installierte elektrische Leistung der PtX-Anlagen beträgt derzeit 26 MW und hat sich seit 2014 mehr als verdoppelt. Die Mehrheit der Projekte setzt dabei sogenannte PEM-Elektrolyseure ein, die gegenüber der etablierten alkalischen Elektrolysetechnologie gewisse Vorteile im dynamischen Betrieb haben. Projekte mit Hochtemperaturelektrolyseuren, die vor allem in Verbindung mit Power-to-Liquids (PtL)-Verfahren diskutiert werden, sind insbesondere außerhalb Deutschlands geplant.

Bemerkenswert für die deutschen Projekte ist die wachsende Fokussierung auf die Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff, ohne diesen in andere Energieträger weiterzuverarbeiten. Dies ist auf die Zunahme entsprechender Anwendungen von grünem Wasserstoff beispielsweise als Rohstoff in Raffinerien oder als Kraftstoff im Verkehr zurückzuführen.

Quelle: https://www.tuvsud.com/de-de/presse-und-medien/2019/maerz/power-to-gas-anlagen-in-ersten-kommerziellen-anwendungen

Grösstes Power-to-Gas-Projekt am Start

Als wohl grösstes Einzelprojekt sei ein Elektrolyseur in der 100-MW-Klasse erwähnt, welchen der Übertragungsnetzbetreiber Amprion und der Gas-Fernleitungsanbieter Open Grid Europe (OGE) in Lingen (Niedersachsen) errichten wollen. Darauf basierend solle eine Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut werden.

Mit dem Projekt „Hybridge“ wollen Amprion und OGE die Sektorenkopplung auf Systemebene in Deutschland starten. Jetzt starten die Unternehmen die Genehmigungsphase.

Karte zu PtG in Deutschland

Aktuelle und detaillierte Daten zu PtG in Deutschland können interaktiv unter https://www.dvgw.de/themen/energiewende/power-to-gas/interaktive-power-to-gas-karte/ abgerufen werden.

Holland: Shell plant grosses Wasserstoffprojekt

Bis 2030 Jahren soll vor der Küste in Norden Hollands ein Mega-Windpark mit einer Leistung von 3 bis 4 GW entstehen. Der Windstrom solle direkt von einem Elektrolyseur in Eemshaven zu grünem Wasserstaff verarbeitet, gespeichert und anschliessend über die Gas-Infrastruktur einer weiteren holländischen Firma an die Kunden aus der Industrie verteilt werden.

Weitere Informationen: https://www.shell.de/medien/shell-presseinformationen/2020/europas-groesstes-gruenes-wasserstoffprojekt-startet-in-groningen.html

Autor: Roger Schuhmacher

Umweltschützer, Fan von neuen Wegen und gemeinsam erreichten Zielen.

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